Der Fitness-Kult auf Instagram und seine Bilder

„Kraft und Gesundheit sind keine eigenständigen Werbeträger mehr, sondern dienen als Legitimation, mit Frauen zu werben, die gegenwärtigen Schönheitsidealen entsprechen. Umgekehrt profitieren auch die Frauen von dem Bewerben ihres Körpers mit Fitness und Gesundheit: Sie können ihre schlanken bis durchtrainierten Körper einer Öffentlichkeit vorführen, ohne die Kritik fürchten zu müssen, krankhaft schön zu sein, die etwa die Kandidatinnen von Germany’s Next Topmodel immer wieder erfahren.“

Für „10 nach 8“ habe ich einen Text über den Fitness-Kult auf Instagram geschrieben. Sollte es sich dabei womöglich weniger um Gesundheit als um einen Schönheits-Kult handeln? Das, und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, steht auf der Seite von ZEITonline. Hier möchte ich den Text zum Anlass nehmen, einige populäre Bildmotive aus der Fitness-Szene vorzustellen. An ihnen zeigt sich, wie aufdringlich mit einem gesunden Lebensstil Fitness beworben wird, wo man sich eigentlich hemmungslos neuen Schönheitsidealen verpflichtet.

1. Die Sieger-Faust

Insta_Spiegelselfie_Faust

Mit erhobenem Arm und geballter Faust wird im Sport posiert, um die Muskeln in Szene zu setzen. Während bei der entsprechenden Bodybuilding-Pose beide Arme erhoben werden, ist es auf den typischen Fitness-Accounts nur ein Arm. Der graduelle Unterschied betont einerseits das hier präsentierte Schönheitsideal, für das nur ein gewisses Maß an Muskeln zulässig ist. Andererseits lässt sich die Faust in dieser Form auch als Siegerpose identifizieren. Darin drückt sich aus, dass der Körper erarbeitet wurde und die Arbeit ein Kampf war. Im Kontext der sozialen Medien, in denen über Bilder kommuniziert und mit ihnen interagiert wird, ist es auch als Kampfansage zu deuten: „Jetzt seid ihr dran. Macht es nach!“

2. Posieren in der Landschaft

Insta_Turnen_Landshaft

Ein besonders beliebtes Motiv auf Fitness-Accounts ist das Posieren in der menschenleeren Landschaft. Um die damit assoziierte Stille zu verstärken, wird häufig eine Yoga-Pose eingenommen. Bedurfte Caspar David Friedrichs Mönch am Meer nur eines in die Ferne schweifenden Blickes, um sich selbst in der Natur zu erkennen – zu sich selbst zu kommen – muss die durchtrainierte Frau auf Instagram komplizierte körperliche Verrenkungen durchführen. Doch noch ein anderes Statement verbindet sich mit der positiv kodierten Einsamkeit: Sport, sprich auf seinen Körper zu achten, macht man für sich selbst. Nicht etwa, um anderen zu gefallen oder Idealen zu entsprechen.

3. Der Früchteteller

Fruchtteller

Das gesunde Leben ist wie ein Dauerurlaub in den Tropen. Nach dem Fitness-Programm, so suggerieren es die Bilder, belohnt man sich nicht etwa mit einem Stück Schokolade – die eine ähnliche Süße und Kalorienzahl versprechen würde -, sondern mit vielen exotischen Früchten. Denn es geht schließlich nicht darum, möglichst schlank zu sein, sondern darum, möglichst gesund zu leben. Und gesund ist, was die Natur hervorgebracht hat. Diese Kausalität bezieht sich jedoch nur auf das Essen, nicht auf den Körper.

4. Das Vorher-Nacher-Bild

Insta_VorherNacher

Manchmal kommen aber auch den gesundesten und glücklichsten Fitness-Bloggerinnen Erinnerungen an eine unschöne Vergangenheit hoch. Als sich noch ungesundes und trauriges Fett sanft um die Hüften schmiegte. Gut, dass sich alles zum Besseren gewendet hat. Vorher-Nachher-Bilder sind Diät-Trophäen für die Betroffenen und Erfolgsgaranten für Firmen, die auf Instagram die Wirksamkeit ihrer Diätprodukte unter Beweis stellen wollen. Insofern dienen sie wiederum zum Ansporn für die Betrachter.

5. Das Wasser mit Früchten

Insta_WassermitFruechten

Kein Getränk hat in den letzten Jahren eine ähnliche Konjunktur erlebt wie Wasser. War es in den 80er Jahren noch unvorstellbar, einem Gast neben Kaffee oder Alkohol auch Wasser anzubieten, ist es heute selbstverständlich. Das Angebot von Alkohol untertags ist hingegen verpönt – weil es ungesund ist. Wasser dient zum „Entschlacken“ oder um andere Getränke wie Cola oder Fanta diätbedingt zu ersetzen. Doch nicht nur das. Nein, Wasser ist gesund! Vor allem, wenn sich darin Obst und Gemüse tummelt. Dass es dabei äußerlich an eine fruchtige Bowle erinnert, ist wohl ein angenehm nostalgischer Nebeneffekt.

6. Das hochgekrempelte T-Shirt

Insta_Selfie_Bauch

Im Zentrum der Fitness-Accounts und des Körpers befindet sich der durchtrainierte Bauch. Nur wenig Gelegenheiten werden ausgelassen, diesen zu zeigen. Manchmal, weil ohnehin gerade ein Bikini getragen wird. Meistens inszenieren sich die Frauen jedoch direkt beim Freilegen des Trainingsbeweises. Insofern gelingt es hier am wenigsten, über das Huldigen von Schönheitsidealen hinwegzutäuschen. Das führt jedoch unweigerlich dazu, dass die Betrachter den Zeigegestus im Zusammenhang mit dem durchtrainierten Bauch als besondere Provokation wahrnehmen und sich zu einem Vergleich herausgefordert fühlen.

2 Antworten zu „Der Fitness-Kult auf Instagram und seine Bilder”.

  1. […] ich im Sommer 2016 auf ZEITonline eine Kritik am Fitnesskult auf Instagram formuliert habe, gab es einige skeptische Stimmen, die mir vorhielten, dass ich […]

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  2. Avatar von Nadine Gehrmann
    Nadine Gehrmann

    So wahr, so wahr…

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