The Story of uboot.com (Chat)

In gewisser Weise war uboot.com ein Produkt der 90er Jahre. Seine zweifarbige Benutzeroberfläche in neongrün und pechschwarz war ein bisschen Techno und trotzdem irgendwie freundlich. Es stand für die Tiefen des Internets und Uboot versprach, dass man genau diese nach der Anmeldung ergründen konnte. Zur Zeit von uboot.com, die 1999 begann, surfte man nicht im Internet, man tauchte in es ein.

Uboot war ein Vorreiter der heutigen Social Networks und für manch einen das erste. Bei Uboot gab es vieles, das man auch heute von Facebook und Co. kennt: zum Beispiel Profilseiten, die sich nickpages nannten. Anders als für die meisten heutigen Profilseiten, in denen man mit seinem bürgerlichen Namen oder einer Abwandlung davon im Internet auftritt, legte man für seine nickpage einen nickname an. Scheint so, als hätte es eine Zeit gegeben, in der man noch echte Angst vor der Preisgabe seiner Daten hatte.

Dezember 1999
uboot.com, Screenshot, Dezember 1999

Uboot wurde aber allen voran wegen seiner Chatfunktion genutzt. Chattet man auf Facebook meistens nur mit ausgewählten Personen privat, gab es bei uboot.com funktionale Chaträume. Ein Raum zum Flirten, ein anderer zum Austauschen von Witzen oder Rezepten. Die Chatpartner waren oftmals Fremde, die man nicht zuletzt aufgrund ihres uneindeutigen nicknames nur selten zuordnen konnte. Heute würde man hinter diesen Namen vermutlich nur Kriminelle vermuten.  Unvorstellbar, dass man auf Facebook eine Freundschaftsanfrage von „PsychoSternchen87“ erhält.

In vielerlei Hinsicht hatte uboot.com dem Social Networking neue Impulse verliehen. Daher folgt nun die Geschichte von Uboot: in Bildern und Zahlen.

1999
Uboot geht online – in Deutschland, Österreich und England. Es gibt Benutzerseiten mit Gästebuch, Freundesliste und Kontaktmöglichkeiten, Chat & Diskussionsforen.

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2000
Auf Uboot gibt es nun SMS-Funktionen.

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2001
uboot.com gibt es fortan auch in der Schweiz. Uboot gründet eine Fotocommunity (cheeez!) und bietet einen Fotoservice für Kleinbildfilme an.
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2002
Uboot modernisiert seine Benutzeroberfläche. Die Werbung für Klingeltöne nimmt zu und es gibt bereits über 4 Millionen registrierte User.

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2003
Auf uboot.com kann man nun auch digitale Fotos hochladen und bearbeiten.

dezember22_2003

2006
Es gibt erneut einen Relaunch und Uboot tritt in völlig neuem Design in Erscheinung. Es werden nicht mehr die registrierten User gezählt, sondern plötzlich zählt man die Anzahl von „Blogs“ und hochgeladener Bilder. Drei Jahre nachdem man digitale Bilder in die Community laden kann, sind bereits über 5 Millionen Bilder online. Es wird ein „Blogger of the Week“ gekürt und thematische Blogs auf der Startseite vorgestellt.

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2008
Über 10 Millionen Bilder wurden hochgeladen. Es gibt nun auf der Startseite zwei Schlagwortboxen. „Blogger of the Week“ wird „rehm87“, weil er aus Australien kommt.

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2011
Uboot rüstet technisch auf. Auf der Startseite gibt es keinen „Blogger of the Week“ mehr, das würde angesichts der nunmehr uneinholbaren Konkurrenten StudiVZ und Facebook provinziell anmuten. Dafür sorgen Toplisten für die Motivation Bilder hochzuladen, anzusehen und zu bewerten. Außerdem präsentiert sich auf der Starseite die Werbung für eine neue gleichnamige Beta-Version, welche die vorhandene ablösen soll. Auf der Hauptseite der Beta-Version werden Wetten angeboten. Die Diskussionsforen und SMS-Funktionen wurden eingestellt.

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2012
Auf uboot.com kann jetzt gewettet werden. Die grafische Oberfläche der neuen Uboot-Version erinnert kaum noch an die frühere. Einloggen kann man sich über den einstigen Konkurrenten Facebook. Trotzdem bietet man noch „uboot classic“ an – auch diese Seite ist kaum wiederzukennen. Es werden nur noch Statusmeldungen eingeblendet. Eine Selektion oder Gruppierung findet nicht mehr statt, so schließt eine Diskussion über Kapitalismus und soziale Marktwirtschaft unmittelbar an Meldungen wie „hast Du Lust auf Poppen?“ von „keruac“ an.

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2013 wurde Uboot eingestellt.

6 Antworten zu „The Story of uboot.com (Chat)”.

  1. Hab aus Neugier geschaut was aus der Site geworden ist und bin hier gelandet. Danke für die Storyline! Hatte gar nicht mitbekommen das die Site nicht mehr da ist.

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  2. […] Dimension betont werden. In den Vorformen der sozialen Netzwerke war man nämlich anonym unterwegs, in Chatforen gab niemand seinen bürgerlichen Namen an, sondern Nicknames wie „Sternchen89“. Jenen, die sich […]

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  3. :(( Hast Du irgendeine Möglichkeit Leute von Uboot usw. zu kontaktieren??

    Ich würde gerne gerne mein Profil „zugeschickt“ bekommen, daraus will ich einige Texte als Erinnerung kopieren und jemanden überraschen.

    Falls jemand die Möglichkeit hat, bitte anschreiben….

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    1. Avatar von Peter Schachtschabel
      Peter Schachtschabel

      uboot, ach ja, hatte ich glatt vergessen. Meine erste Erfahrung mit einem sozialen Netzwerk.
      Da waren Austausch von Nachrichten und Zärtlichkeiten noch keinem Terror der „asozialen“ Netzwerke und ihres Shitstormes ausgesetzt. Ca. 50 Euro Guthaben waren 2013 dann mal weg. Egal, es war ’ne schöne Plattform!
      Nu is „perverse“ Datengrütze in den Netzwerken. Erbärmliche Werbegeld – Aquise! Sozial is da nix mehr. Aber so ist Leben!
      Viele Grüße und haltet Euch fern von all dem Müll!
      Schachti

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    2. Hat geklappt?

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  4. Schon aus dieser hübschen Zusammenfassung wird klar, was der Grund für den Untergang war: Der Fokus auf Blogs statt auf die Profile, und wahrscheinlich auch der Jugendschutz. Denn damals wurden solche Portale überhaupt nicht kontrolliert. Man konnte praktisch machen, was man wollte.

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